Wie sieht die Zukunft der Lebensmittel-Geschäfte aus?
Bisher war man beim Einkaufen immer an Ort und vor allem Zeit gebunden. Jeder von uns stand bereits vor dem Problem, sonntags oder feiertags nicht genug Milch, Eier o.ä. im Haushalt zu haben. Oft kann hierbei der Weg zur nächsten Tankstelle aushelfen, aber auch diese hat in ihren Öffnungszeiten und vor allem dem Produktangebot ihre Grenzen.
Das Einkaufen, wie wir es kennen, verändert sich jedoch aktuell. Die Pandemie sorgte in den vergangenen Jahren für einen ordentlichen Umschwung im E-Commerce, sodass selbst für Lebensmittel mittlerweile eine wachsende Online-Nachfrage entstanden ist. Alte, bestehende Geschäftsmodelle wurden revolutioniert, wodurch eine komplett neue Sichtweise ermöglicht wurde. Dadurch beginnt nun eine Art Wettkampf um die Perspektive des Einkaufs. Eine weitere Entwicklung im digitalen Food-Retail sind die voll-autonomen sowie teil-autonomen Stores, die immer öfter erprobt werden.
Aber warum werden autonome Retail Systeme und kassenlose Stores als Alternative zum herkömmlichen Einkaufen immer beliebter?
sensalytics definiert:
Der Begriff Autonomie kommt aus dem Griechischen und bedeutet im weiteren Sinne so viel wie „Selbstbestimmung“. Geprägt wurde der Begriff maßgeblich durch den Philosophen Immanuel Kant, welcher die Autonomie in Abhängigkeit von der Überwindung der Fremdbestimmung und Sicherheit sah, sodass mit diesem Begriff die Selbstverwaltung, Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit beschrieben wird.
So können auch autonome Stores verstanden werden. Beispielsweise können die Konsumenten selbstbestimmt ihre Ware bei einem Einkauf aus den Regalen entnehmen und den Shop verlassen, ohne an einer Kasse bezahlen zu müssen. Die Stores werden insofern durch die Kundschaft selbstverwaltet, als dass häufig gekaufte Produkte zum Standard-Sortiment werden. Zu einem Smart Shop gehört ein automatisiertes Lager, welches auf einem sehr kleinen Raum die höchstmögliche Anzahl der Produkte intelligent aufbewahrt.
Arten der verschiedenen autonomen Stores
Im Jahr 2018 stellt der US-Konzern Amazon seine kassenlose Supermarktkette – Amazon Go – der Öffentlichkeit vor. Über eine vorherige Registrierung und einem anschließenden Check-In vor Ort per App sowie im Store verbaute Sensoren und die dazu gehörige künstliche Intelligenz, wird ermöglicht, dass Endkunden ihre Ware aus den Regalen entnehmen und im Anschluss das Geschäft verlassen können, ohne den klassischen und oftmals langwierigen Bezahlvorgang durchzuführen.
Dieses Vertriebsformat wurde international hoch anerkannt, weshalb immer mehr Unternehmen neue Pilotprojekte entwickelten, die jedoch auf unterschiedliche Konzepte fokussiert sind. Insgesamt lassen sich – unserer Auffassung nach – beim Thema „Smart Store“ fünf verschiedene Konzepte feststellen:
1. Grab & Go
Stores wie der Amazon Go funktionieren, indem über Registration und Check-In die Kunden nur noch in den Laden gehen, ihre gewünschten Produkte nehmen und das Geschäft anschließend wieder verlassen.
Die Rewe Group verspricht mit seinem Konzept des „Rewe Pick & Go“ einen vollautonomen Store zu entwickeln. Über die passende App registrieren sich die Kunden und hinterlegen ihre Kreditkarten. Am Eingang des Shops muss der QR-Code, welcher via App angezeigt wird, gescannt werden und anschließend können die Kunden sich an dem gesamten Sortiment bedienen. Ohne jegliches Anstehen, einscannen oder aktives bezahlen, kann die Kundschaft den Laden mitsamt aller gewählten Produkte einfach verlassen. Den Kassenbon erhalten die Käufer unmittelbar nach dem Hinausgehen des Shops über die App.
Neben Amazon gelten Trigo Vision Ltd. und AiFi als technoligische Marktführer auf dem Gebiet der autonomen Stores. Beispielsweise steckt hinter dem „Rewe Pick & Go“-Store die Trigo-Technologie.
2. Scan & Go
In einem unbemannten 24/7 Geschäft scannen die Kunden ihre Ware per App oder über ein Kassen Self-Checkout selbst und führen so ebenfalls den Bezahlvorgang durch. Vorteilhaft an diesem Konzept sind die geringen Hardware- & Technologiekosten.
Auf der EuroShop-Messe 2020 präsentierte Wanzl das Konzept des Mobile Stores („Study-Box“): Eine dazugehörige App gibt nach der Registrierung des Kunden einen QR-Code heraus, mit welchem der Shop betreten werden kann. Die gewünschten Produkte werden vor Ort mittels der App gescannt und werden so dem Warenkorb hinzugefügt. Bezahlt werden die Produkte entweder mobil über das Smartphone oder bargeldlos an einem Self-Checkout-Terminal, bei welchem der Online-Warenkorb übertragen wird.
„Dieses Konzept passt hervorragend zu Universitäten oder Firmengelände oder zu ländlichen Gegenden.“
Stefan Huemer, Technical Sales der Wanzl GmbH & Co KGaA
Auch die Josefsbox der Rewe-Group liegt ein ähnliches Prinzip zugrunde. In Pettstadt bei Bamberg eröffnete REWE dieses Jahr seinen ersten „Walk-In-Nahkauf“, welcher ohne Personal auskommt. Mittels der EC-/ Kreditkarte wird der Laden für den Kunden zugänglich. Dort können die beliebigen Produkte zusammengestellt werden und anschließend an einer Self-Checkout-Kasse bargeldlos bezahlt werden.
sensalytics Add-On
Die jährliche EHI-Studie des Retail Instituts ermittelte für das Jahr 2021 eine durchschnittliche Inventurdifferenz von ca. 0,57% im deutschen Einzelhandel. Im Vergleich zum Vorjahr sind damit zwar die Inventurdifferenzen um ca. 3% gesunken, jedoch rechnet der Handel "aber eher mit einer zunehmenden Kriminalität" (Retail Institute 2022).
Warum sollte es die Menschen also abschrecken in einem unbemannten Laden Diebstahl zu begehen? Hier kann die Zusammenarbeit mit sensalytics weiterhelfen:
Mit Hilfe unserer intelligenten 3D-Sensorik und der Kopplung zur Plattform, ist es uns möglich, sämtliche Daten in Echtzeit über einen Bildschirm innerhalb dieser Box anzeigen zu lassen (Path Analytics, People Counting, ...). Die Kunden wissen, dass sie erfasst werden und ihre Laufwege auf diesem Bildschirm wahrgenommen werden (100% DSVGO-konform).
3. Hybrid-Version (Teil-Autonomie)
Die hybride Lösung bietet tagsüber die Wahl, ob die klassische Kasse oder der vollautomatische Check-Out bevorzugt wird. Abends bzw. nachts wird der Hybrid-Markt zu einem autonomen Erlebnis für die Kunden.
Im Dezember 2021 testete der Netto Marken-Discount in München Schwabing als eines der ersten deutschen Lebensmitteldiscounter die Methode des Hybrid-Shops. Die Hybrid-Version bietet den Vorteil, dass Kunden, die lieber das klassische Bezahlsystem nutzen, weiterhin herkömmlich einkaufen können.
„Mit Pick & Go testen wir einen innovativen Einkaufsservice für Kunden. Gleichzeitig können wir mit diesem neuen Angebot auf den aktuellen Wunsch vieler Menschen eingehen, die Zahl der Kontakte im Alltag zu reduzieren.“
Cristina Stiliano, Leiterin des Netto Marken-Discounts
sensalytics Add-On
sensalytics bietet der Hybrid-Variante ein weiteres nützliches Add-On mit einem automatisierten Self-Checkout Bereich. Mittels Path Analytics wird die Verweildauer einer Person an der Kasse und der abgewickelte Bezahlvorgang erfasst. Sobald die Person weitergeht werden dann automatisch die Türen geöffnet, so dass ein weiterer Personaleinsatz zur Diebstahlkontrolle hinfällig wird.
4. Automatisierte Kommissionierung/ Automatenshop
Die Kunden haben hier die Möglichkeit direkt am Automaten oder über eine App zu bestellen. Anschließend werden die Produkte automatisch kommissioniert und können abgeholt werden (meist aus Schließfächern).
Auf dem Bildungscampus in Heilbronn eröffnete im vergangenen Jahr die Schwarzgruppe testungsweise zwei kassenlose Minimärkte: shop.box und collect.box. Während Ersteres dem Grab & Go Prinzip entspricht, funktioniert Letzteres wie folgt:
Über die dazugehörige App können Kunden ihren Einkauf zusammenstellen und diesen über ein Online-Bezahlsystem abwickeln. Anschließend werden die bezahlten Produkte vom Kunden aus einem Ausgabefach eines Terminals abgeholt.
„Beide Konzepte sind reine Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die im Rahmen der Digitalisierungsstrategie der Schwarz-Gruppe getestet werden. Ob einzelne dieser Konzepte Marktreife erreichen, steht dabei nicht im Mittelpunkt, ein Rollout in die Handelssparten ist nicht geplant“
Schwarz Unternehmenskommunikation GmbH & Co. KG
5. Traditioneller Automat
Den traditionellen Automaten müssten bereits alle kennen. Vor allem im ländlichen Bereich können mittlerweile fast überall regionale Produkte, wie Eier, Milch oder sogar Wurst erworben werden.
Bei einige Strategien wird auf Vertrauen und Mitwirkung ihrer Kundschaft gebaut. Die meisten jedoch setzen ihre Konzepte, wie bereits erklärt, mittels starker Sensorik in Kombination mit künstlicher Intelligenz oder sogar einem Robotersystem um.
Vor- & Nachteile autonomer Stores
Vorteile | Nachteile |
• 24/7 Service | • Höhere Technologiekosten |
• keine Wartezeiten an den Kassen | • Altersbeschränkte Produkte nicht möglich |
• Automatisierter Betrieb | • Überwachung der Verfallsdaten notwendig |
• Geringe operative Kosten | |
Fazit
Smarte Stores – autonome Stores inbegriffen – sollen den Einkauf der Endkunden schneller und bequemer machen. Mittels einer Kombination aus Sensoren und künstlicher Intelligenz führt dies letztlich zu mehr Komfort bei weniger Zeitaufwand für die Endkunden und ermöglicht es für die Händler den Betrieb zu automatisieren.
Zwar gibt es zum aktuellen Zeitpunkt noch relativ wenige autonome Stores in Deutschland, jedoch nimmt – aufgrund einiger Pilotprojekte namhafter Konzerne – auch dieses Vertriebsformat immer mehr Fahrt auf. Das vollautomatisierte Konzept, Grab & Go, steht zum aktuellen Zeitpunkt noch vor einigen technologischen Herausforderungen, während die hybriden Stores, die international schon länger vertreten sind, nun auch sukzessiv in Deutschland Einzug halten. Der hybride Store ist weltweit bereits der Standard in allen relevanten Märkten. Das heißt also, dass das hybride Vertriebsformat mit all seinen Vorteilen bereits in vollem Gange ist, während der operative Einsatz des Grab & Go erst noch geklärt werden muss. Demnach deutet die Zukunft der Lebensmittel-Geschäfte stark auf die Umsetzung der Teil-Autonomie.
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